Vom 20. Oktober bis 5. November reisten Dojoleiter Thomas Podzelny und sein Schüler Daniel Hörner zur Aikido-Fortbildung nach Iwama/Japan ins Dojo unseres japanischen Lehrers Hitohira Saito Sensei.

Doch zunächst stand ein Besuch bei unseren Karatefreunden in Tokyo auf dem Programm. Nach einem langen Flug von Frankfurt über Moskau nach Tokyo mit Aeroflot kamen wir am Freitag 21.10. gegen Mittag auf dem Flughafen Narita an. Mit dem Zug ging es weiter nach Kamakura, wo wir wie immer bei unserem Freund Eiji Shibatani privat untergebracht waren. Er hat ein Haus in Kita-Kamakura, gleich auf der Rückseite des Hügels mit den vielen Tempeln. Wir wohnten diesmal in einem separaten Gästehaus, das anscheinend selten benutzt wird und deshalb mit allerlei gruseligem Kleingetier (handflächengroße Spinnen, Hundertfüßler …) bevölkert war. Erst mit zwei Flaschen Insektengift bewaffnet trauten wir uns – mit mulmigem Gefühl – ins Schlafgemach. Doch ansonsten genossen wir die wieder einmal hervorragende Gastfreundschaft und Fürsorge von Shibatani san und seiner Frau.

Iwama 2011
[Bild oben – bei Shibatani san]

Am Samstag stand ein Trainingsbesuch in den Dojos unseres Karateverbandes in Kamakura und Fujisawa auf dem Programm, dazwischen die Eröffnungsfeier des neuen Trainingscenters in Chigasaki mit Dojo, Wohnräumen und Küche für auswärtige Karate-Schüler. Thomas hatte die Ehre, sich mit einer Karate-Katavorführung (Seiryu) an dem Rahmenprogramm (Karate, Kobudo, traditioneller Tanz und Musik aus Okinawa) zu beteiligen. Währenddessen durfte Daniel sich die Zeit mit Sightseeing in Kamakura und Umgebung unter der kundigen Führung von Eiji Shibatanis Enkelin verkürzen.

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[Bild oben – Eröffnungsfeier des Karate-Trainingscenters in Chigasaki: traditioneller Tanz aus Okinawa]
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[Bild oben – Eröffnungsfeier des Karate-Trainingscenters in Chigasaki: traditionelle Musik aus Okinawa]
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[Bild oben – Eröffnungsfeier des Karate-Trainingscenters in Chigasaki: Katavorführung Thomas]
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[Bild oben – Gruppenfoto bei der Eröffnungsfeier des Karate-Trainingscenters in Chigasaki]

Ein kleines Highlight der Reise war die Teilnahme von Thomas an der ’15. Uechi-Ryu Karate-Do Metropolitan International Championship (Black Belt Category)‘, organisiert vom Tokyo Zweig unseres Karateverbandes, am 23.Oktober. Vormittags standen Workshops in Kata (Form), Kumite (Freikampf) und Kobudo (Waffenkampf) zur Auswahl. Thomas stellte sich zur Kobudo-Gruppe, mit dem Resultat, anstatt am Workshop als Teilnehmer mitzumachen die Kobudo-Anfänger unterrichten zu dürfen. Nach einer kleinen Mittagspause und den obligatorischen Bento-Boxen (Lunchpaketen) begann das eigentliche Turnier. Die Wettkämpfer starteten in den Kategorien ‚Kata‘ und ‚Kumite‘. Schön war die entspannte und freundschaftliche Atmosphäre unter allen Teilnehmern. Für Thomas war das der erste Wettkampf seit 17 Jahren. Um so unerwarteter erreichte er in der Gruppe Kata für Schwarzgurte 3.Dan und höher den 1.Platz. Ein schöne Bestätigung für den Unterricht in unserem Dojo. Der Tag endete mit einer Party in japanischem Stil: viel Fastfood, Bier, Ansprachen und der traditionelle Sanchin-Test für den Gewinner Thomas (nach 3 Bier), von dem die blauen Flecken noch zwei Wochen später zeugten.

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[Bild oben – 15. Uechi-Ryu Karate-Do Metropolitan International Championship]
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[Bild oben – 15. Uechi-Ryu Karate-Do Metropolitan International Championship: Thomas Kata]
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[Bild oben – 1.Platz Kategorie Kata 3.Dan und höher für Dojoleiter Thomas Podzelny bei der 15. Uechi-Ryu Karate-Do Metropolitan International Championship]
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[Bild oben – 15. Uechi-Ryu Karate-Do Metropolitan International Championship: Gruppenbild Gewinner und Kampfrichter]
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[Bild oben – Thomas mit Siegerurkunde]
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[Bild oben – Party]
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[Bild oben – Sanchin-Test für Thomas]

Montag und Dienstag stand Sightseeing in Tokyo und Kamakura auf dem Programm. Die riesige Stadt, die vielen Menschen, der Lärm, die Enge in den S-Bahnen und der ständige Wechsel zwischen alten ruhigen Tempelanlagen, Turisten-Kommerz und High-Tech waren ziemlich anstrengend. Shibatani san ließ es sich nicht nehmen, uns mit dem Auto ins ca. 150 km entfernte Iwama zu fahren. Dafür durfte er eine große Tüte selbstgeernteter Limonen von unserem Aikido-Sensei mit nach Hause nehmen.

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[Bild oben – Tokyo, Burggraben und Eingangstor zum Kaiserpalast]
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[Bild oben – Blick vom Tokyo Metropolitan Office Tower]
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[Bild oben – Tokyo, Asakusa Kannon Tempel]
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[Bild oben – Daniel und Monchichi in Tokyo, Ashibahara]

Die folgenden eineinhalb Wochen Iwama waren geprägt von intensivem Training, aber auch von dörflicher Abgeschiedenheit und Ruhe. Das ist es, was Thomas immer wieder dorthin zieht. Während der Aikidostunden ist höchste Konzentration und 100% Einsatz gefragt. Nach einer Stunde kommt man körperlich und geistig an seinen Grenzen. Aber das Gefühl und diese Intensität sind großartig. Man möchte diese Art des Trainierens gerne mit nach Hause ins eigene Dojo nehmen, doch für die Mehrheit der Schüler daheim ist das wohl zu anstrengend. Den Rest des Tages bestimmen Putzen, Hunde ‚Gassi führen‘, Einkaufen, Kochen, Essen, Wäschewaschen, freies Üben, Ausruhen, eventuell ein bisschen Sightseeing. Es ist erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht.

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[Bild oben – Thomas mit Senseis Hunden vor dem Aiki-Schrein]

Daniel hatte es nicht leicht mit etwas über einem Jahr Aikidoerfahrung unter fast nur Schwarzgurten. Die ersten Tage waren äußerst anstregend für ihn, viele neue Techniken, unnachgiebige Übungspartner und unser Sensei nur wenige Schritte entfernt, der jede Bewegung genau beobachtet. Aber nach ein paar Tagen hat er sichtlich Freude am Iwama-typischen Training gefunden.

Für Thomas war es schön, alte Bekannte wiederzusehen. Derzeit sind aufgrund der Reaktorkatastrophe in Fukushima nur wenige ausländische Uchideshi (Hausschüler) in Iwama, obwohl der Unglücksort 150 km entfernt liegt und in Iwama selbst keine erhöhte radioaktive Belastung herrscht. Normalerweise sind im Herbst immer so um die 10 Leute da, diesmal trafen wir nur zwei Freunde aus Deutschland (Volker) und der Schweiz (Akimasa) zu Beginn, sowie am letzten Tag Francesca aus Italien und Georgi aus Wladiwostok/Sibirien. Um so ruhiger und entspannter war es für uns, auch wenn es mehr tägliche Arbeit für jeden bedeutete.

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[Bild oben – Georgi, Francesca, Daniel und Thomas am Aiki-Schrein]

Ein Unterrichtsschwerpunkt von Hitohira Sensei war diesmal der Umgang mit dem japanischen Schwert (Katana). Normalerweise verwenden wir im Aikido nur Holzschwerter (bokken), doch für fortgeschrittene Aikidoka ist nach seiner Meinung das Gefühl für ein echtes Schwert wichtig. So übten wir die Grundbewegungen (suburi) und Partnerübungen (awase, kumitachi) mit Iaitos (stumpfen Metallschwertern), lernten vier Formen (katas) und machten an einem Vormittag auch praktische Schnitte mit einem scharfen Schwert an gerollten Reisstrohmatten und grünem Bambus. Das ging besser als erwartet. Im Unterschied zum Bokken wird mit dem Katana auch das Ziehen aus der Scheide, das ‚Blutabtropfen‘ (klingt ganz schön martialisch) und das Zurückstecken geübt. Der ältere Sohn von unserem Sensei, Yasuhiro, praktiziert seit einiger Zeit neben Aikido auch Katori Shinto Ryu, eine der ältesten und bekanntesten japanischen traditionellen Kampfkunstschulen. Er erklärte uns einige der Unterschiede zwischen den verschiedenen Schwertkampfstilen.

Neben dem Aikido blieb etwas Zeit zum Erkunden der Sehenswürdigkeiten rund um Iwama: einige kleine Shinto-Schreine, der Atago-berg, der ‚Aikido-Wasserfall‘, unter dem schon der Aikido-Begründer O-Sensei Morihei Ueshiba ‚Misogi‘ (rituelle Waschungen in kaltem Wasser zur Reinigung der Seele) gemacht hat. Und natürlich durfte für Thomas ein Abstecher in das nahegelegene Kasama nicht fehlen, das wegen seiner Töpferwerkstätten berühmt ist. Thomas ist ein Liebhaber japanischer Keramik und bringt jedes Mal von seinen Japanreisen kleine entsprechende Mitbringsel mit. Diesmal waren es je eine kunstvoll gefertigte Kaffeetasse und Teeschale.

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[Bild oben – ‚Aiki-Wasserfall‘]

Vor unserer Abreise konnten wir noch den ersten Tag des alljährlichen Herbst-Schreinfestes (Matsuri) in Iwama erleben. Es handelt sich dabei um eine Art shintoistisches Erntedankfest, bei dem ein Umzug von geschmückten Holzwagen aus den verschiedenen Vierteln des Ortes innerhalb von drei Tagen eine Route von mehreren Schreinen bewältigt. Die Teilnehmer, in Festbekleidung ihres Stadtteiles, ziehen oder schieben dabei ‚ihren‘ Wagen, Trommeln und Flöten sorgen für die musikalische und rhythmische Untermalung, auf manchen Wagen sind Tänzer mit verschiedenen Mensch- und Tier-Masken, und vor einigen Wagen gibt es große kunstvoll geschnitzte und bemalte Löwenköpfe, mit denen artistisch getanzt wird. Der Löwenkopf ‚unseres‘ Wagens wurde von unserem Aikido-Sensei Hitohira Saito in einjähriger Arbeit selbst angefertigt. Er ist sehr vielseitig talentiert und mag alles handwerkliche. Es heißt, ein Tanz mit dem Löwenkopf bringt Glück für das nächste Jahr, und so haben wir beide natürlich auch je einen absolviert.

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[Bild oben – ‚unser‘ Wagen beim Iwama Matsuri]
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[Bild oben – Iwama Matsuri]
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[Bild oben – Iwama Matsuri]

Unser Aufenthalt endete mit einer schönen Sayonara-Party, an dem unser Sensei, seine Familie, sowie viele der japanischen Schüler seines Dojos teilnahmen. Jeder hat etwas mitgebracht, so dass wir die Berge von Essen unmöglich bewältigen konnten. Es wurde ein sehr schöner Abend und wir flogen am nächsten Tag zurück nach Deutschland mit der Vorfreude auf unsere Iwama-Reise im nächten Jahr.

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[Bild oben – Sayonara Party]
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[Bild oben – ‚Sayonara-Nikyo‘ für Daniel]

Die übrigen Fotos sind auf der Facebook Seite von Thomas zu finden (zum Anschauen auf die Links klicken):

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Sharon Blessing

    Hallo Thomas,
    danke für das Teilen der Bilder. Es macht wirklich Freude die Bilder anzuschauen, sehr beeindruckend!
    Grüße, Sharon

  2. Stephanie Hofmann

    Hallo Thomas,
    hat viel Spaß gemacht die Bilder anzuschauen mit den Beschreibungen dazu!
    Man sieht , ihr hattet eine schöne Zeit in Japan.
    Grüße Stephanie

  3. Natalie Pinzer

    Vielen Dank für die Bilder! Es ist sehr lieb und aufmerksam von Ihnen – hat uns Spaß gemacht sie anzusehen. Wir besuchen ab und zu auch Ihre Seite in Facebook und schauen gerne die Reisebilder.
    mit lieben Grüßen, Oliver, Natalie und Matthias

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